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Weltweites Kriegsrüsten mit den Waffen des 21. Jahrhunderts

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Zur Rolle der Verschwörungstheorie über den russischen Einfluss bei den US-Wahlen bei der Kündigung des INF-Vertrags

Fast hat man den Eindruck, dass sich in diesen Tagen wieder mal
ein Diktum von Karl Marx bestätigt. Geschichte wiederholt sich als
Farce. Ende der 1980er Jahre wollten westeuropäisch Politiker wie der
SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt eine Raketenlücke der Nato erkannt
haben, weil in den Warschauer Vertragsstaaten neue Raketen aufgestellt
worden seien.

Der Natodoppelbeschluss wurde kreiert, der mit eigener Aufrüstung
drohte, wenn der Warschauer Pakt die Raketen nicht abbaue. Es kam zur
Aufrüstung, obwohl vor allem in der BRD eine sehr deutsche
Friedensbewegung den Weltuntergang beschwor, wenn die Raketen
aufgestellt würden. Die Apokalypse ist bekanntlich nicht eingetreten und
im Jahr 2019 sind diese Ereignisse der Jahre 1979 bis 1983 kaum noch
bekannt.

Die Zahl der Menschen, die gegen atomare Waffen auf die Straße
gingen, war spürbar gestiegen. In vielen Schulen, Dörfern und
Arbeitsplätzen wurden Unterschriften für atomwaffenfreie Zonen
gesammelt. Symbolik und Deutschnationalismus waren das Kennzeichen der
Mehrheit der deutschen Friedensbewegung vor 40 Jahren. Das schnelle
Wachstum der damaligen deutschen Friedensbewegung rührte auch daher,
dass man den ehemaligen Verbündeten gegen Nazideutschland vorwarf, ein
atomares Schlachtfeld in Mitteleuropa aufzubauen.

Antimilitarismus statt deutschnationale Friedensbewegung

Die Friedensbewegung wurde Ende der 1980er in der BRD zum Ausdruck
des neuen deutschen Nationalismus, der sich den ehemaligen westlichen
Verbündeten nicht mehr unterordnen wollte. Daher bezeichnete der
kürzlich verstorbene Publizist Wolfgang Pohrt die damalige BRD-Friedensbewegung als deutschnationale Erweckungsbewegung.
Diese treffende Polemik impliziert nun nicht, dass es politisch falsch
war, sich gegen die Aufstellung neuerer Raketen, wo auch immer, zu
stellen.

Es gab die Versuche, eine transnationale Antimilitarismusbewegung zu
etablieren, die eben nicht deutschnational argumentierte. Heute, im
Jahre 2019, wo Deutschland als EU-Hegemon längst erfolgreich seine
Interessen auch gegen die USA umsetzt, wäre die Entstehung einer solchen
transnationalen Antimilitarismusbewegung umso dringender.

Der Aktionstag
gegen die Kündigung des Inf-Vertrags am 2. Februar zeigt, dass eine
Minderheit daran arbeitet. Von einer Massenbewegung kann keinesfalls die
Rede sein. Wer von der neuen Aufrüstung spricht, darf vom weltweit
durchgesetzten Kapitalismus nicht schweigen.

Er führt immer wieder zu Aufrüstung und zu Krieg. So ist auch die
Vertragskündigung durch die USA und die postwendend folgende Aussetzung
durch Russland nur vor dem Hintergrund des Kampfes der kapitalistischen
Mächte um weltweite Einflusssphären zu verstehen. Dabei zielt die
Vertragskündigung durch die USA nicht nur auf Russland, sondern auf China und auch Iran.

Die USA wollen sich so aller Fesseln bei der Aufrüstung gegen diese
Staaten entledigen. Schon wird auch darüber gesprochen, ob die USA mit
dem New Start-Abkommen einen weiteren Vertrag, der Rüstung begrenzen
soll, kündigen werden. Die kapitalistische Welt ist wieder im Jahr 1914
angekommen, wo die führenden Mächte in unterschiedlichen Konstellationen
gegeneinander rüsten und auch bereit sind, gegeneinander Krieg zu
führen, jetzt allerdings mit den Waffen des 21. Jahrhunderts.

Auf die Hoffnungen mancher Friedenspolitiker, die Zerstörungskapazitäten dieser Waffen werde vom Gebrauch abschrecken, sollte man sich nicht verlassen. Es ist schließlich das kapitalistische Konkurrenzprinzip und nicht das Wollen und Wirken einzelner Politiker, das für diese Aufrüstung verantwortlich ist.

Das gilt auch für den gegenwärtigen US-Präsidenten. Seit seiner Wahl
wird in- und außerhalb der USA an der Verschwörungstheorie vom
russischen Einfluss auf die US-Wahlen gebastelt. Dazu hat sich unter
Muller eine Kommission gebildet, deren einziger Zweck darin besteht,
dieser Verschwörungstheorie den offiziellen Segen zu geben.

Dass diese Kommission die Macht hat, Menschen nicht nur zu Verhören
vorzuladen, sondern auch zu verhaften und letztendlich verurteilen zu
lassen, erinnert an Praktiken im stalinistischen Russland. Wie dort kann
auch eine Lüge oder ein Schweigen vor der Muller-Kommission zu einer
Haftstrafe führen.

Dass es noch genügend Menschen gibt, die diese Muller-Kommission als
Ausdruck der Demokratie abfeiern, zeigt nur, wie hegemonial die
Orwellsche Sprachverwirrung geworden ist. Dabei ist die
Muller-Verschwörungskommission durchaus wirkmächtig. Hinter dem
Rauchvorhang der angeblichen russischen Wahlbeeinflussung muss sich die
Trump-Regierung antirussischer geben als die notorischen Russland-Basher
aus der Riege der Außenpolitiker der Demokraten.

So kann denn auch eine Madeleine Albright die Kündigung des Inf-Vertrags rügen,
weil noch nicht alle Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft gewesen
seien. Trump und seine Sprecher können hingegen damit angeben, dass sie
und nicht Obama Russland mit der Vertragskündigung herausfordern.

Bei den nächsten Wahlen wird nun aber kein Kandidat, egal welcher
Partei er angehört, die Rücknahme der Vertragskündigung fordern. Man
wird sich viel mehr mit Forderungen, die an Russland gerichtet sind,
übertreffen und gleichzeitig die Aufrüstung gegen China forcieren.

So wirkt die aktuelle Verschwörungstheorie von der russischen
Beeinflussung des US-Wahlkampfs politisch und reiht sich ein in die
Vielzahl an Lügen, mit denen Aufrüstung und Krieg seit Jahrhunderten von
den Herrschenden in Szene gesetzt und dem Großteil der Bevölkerung als
notwendig vorgegaukelt wurde.

Vor über 100 Jahren gab es ausgehend vom linken Flügel der Arbeiterbewegung eine Option für eine Umgestaltung der Gesellschaften, damit auch Kriege verschwinden würden. Mit der endgültigen Niederlage dieser Bestrebungen sind wir nun wieder in eine Epoche eingetreten, in denen kriegerische Auseinandersetzungen ein Mittel der Politik sind. Die Kündigung des Inf-Vertrags ist da nur eine Etappe.

taken from here

Fotot: Stefan Paulus

Der Beitrag Weltweites Kriegsrüsten mit den Waffen des 21. Jahrhunderts erschien zuerst auf non.copyriot.com.


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