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Ecuador: Kurze Analyse des paquetazo und der kommenden Proteste

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Der folgende Text ist die Übersetzung eines Flugblatts, das auf der
Homepage von Proletarios revolucionarios veröffentlicht worden ist.
Proletarios revolucionarios war eine kommunistische Gruppe aus Quito,
die sich 2016 aufgelöst hat. Mangels Spanischkenntnissen ist der Text
aus dem Englischen übersetzt worden. Mehr Infos zum Kontext der Proteste
gibt’s in diesem Artikel.

Die jüngsten wirtschaftlichen Massnahmen der ecuadorianischen
Regierung sind Sparmassnahmen, die in Zeiten kapitalistischer Krisen
eingesetzt werden, sie wurden von rechten, „neoliberalen“, linken und
„21.-Jh.-sozialistischen“ Regierungen überall auf der Welt angewendet,
denn sie sind alle von der gleichen Logik der kapitalistischen
Produktion abhängig, welche von der Ausbeutung der Arbeiterklasse lebt.
In Krisenzeiten wendet das Kapital nämlich überall die gleiche
Wirtschaftspolitik gegen unsere Klasse an: Zeit, den Gürtel enger zu
schnallen, oder es wird zu grösserer Verarmung oder einer Intensivierung
der Ausbeutung führen.

Im Falle des jüngsten paquetazo [1]
des [ecuadorianischen Präsidenten Lenín] Moreno kommt es erstens zu
einer Erhöhung der Lebenskosten aufgrund steigender Treibstoffpreise
(denn hier in Ecuador wissen wir, dass, „wenn die Treibstoffpreise
steigen, alle anderen auch steigen werden“); und zweitens zu allen
Arbeitsgesetzreformen, die uns auferlegt werden, um Flexibilität und Prekarisierung zu begünstigen (Lohnsenkungen, tiefere Renten, weniger Urlaub, flexible Arbeitsverträge, Teleheimarbeit usw.).

Trotzdem sind weder das paquetazo, noch die neoliberale
Regierung oder der IWF die einzigen Probleme. Das grundlegende Problem
ist, wie das Kapital direkt und unbändig die Arbeiterklasse während
Krisenzeiten angreift und wie wir darauf antworten. Natürlich ist der
Kampf der richtige Weg. Doch wir müssen den Kampf unserer Klasse auch
selbstkritisch analysieren und dafür eine Strategie entwerfen.

Wenn also die Hitze des sehr konkreten Kampfes des Proletariats aus
dem demokratischen und bürgerlichen Terrain ausbricht, das Terrain der
Bourgeoisie und des Staates, sowie auch aus dem Rollenspiel mit den
Gewerkschaften und den linken Parteien, die nur den proletarischen Kampf
kooptieren und anführen wollen, damit sie fähig sind, mit der
herrschenden Klasse über ihre eigenen spezifischen und
karrieristischen Ziele zu verhandeln: Sobald das geschieht, war, ist und
wird die stärkste und legitimste Antwort der Arbeiterklasse gegen diese
Sparangriffe immer die direkte, autonome und antagonistische Aktion
sein, um unsere wesentlichen konkreten Bedürfnisse zu verteidigen und
durchzusetzen; oder zumindest müssen wir kämpfen, damit die Reichen und
Mächtigen unsere ohnehin schon schrecklichen materiellen
Existenzbedingungen nicht noch verschlechtern können.

Zu diesem Zweck werden sich die Forderungen und die Proteste der
Arbeiterklasse verallgemeinern und radikalisieren, bis zu einem Punkt,
wo weder die Regierung noch das gesamte System solch „unmögliche“
soziale Forderungen erfüllen können; nur der Umsturz von Kapital und
Staat könnte sie erfüllen und wir würden dann für einen revolutionären
Ausbruch aus der kapitalistischen Krise kämpfen. Doch sowohl hier als
überall bleibt noch viel zu tun, speziell in diesem Land, wo das Niveau
der akkumulierten Geschichte des Klassenkampfes, trotz einiger
verwertbarer Episoden, in der Regel tief und unbeständig war.

Vorerst ist es notwendig und gut, zum Protest mit Parolen wie „Nieder mit dem paquetazo“,
„Nieder mit Moreno“ und „Nieder mit dem IWF“, „Bildet Affinität in den
Strassen“ auf die Strasse zu gehen und das kollektiv, mehr oder weniger
organisiert, mehr oder weniger autonom, mehr oder weniger kämpferisch zu
tun, doch es muss weiter gehen (wie es heute Abend an einer
Generalversammlung gesagt worden ist): „Nieder mit der Regierung“,
„Nieder mit den Unternehmern und den Bankiers“, „Que se vayan todos, que no quede ni uno solo” [2], „Nieder mit dem Kapital, nieder mit dem Staat, nieder mit allen Regierungen und ihren Lakaien“.

Die Umdrehung des paquetazo und der Sturz Morenos (genau wie
Bucaram, Mahuad und Gutierrez in den letzten Jahren) wären reale „Siege“
für eine nun mögliche, neue „Bewegung“ sozialer Proteste in diesem
Land. Aber objektiv betrachtet, hier und jetzt, fehlt es immer noch an
notwendigen realen Bedingungen und gesellschaftlichen Kräften, wie das
Niveau des Klassenkampfes, doch etwas ist im Gang. Es könnte sein, dass
diese aus Geschäftsmännern und Bankiers bestehende Regierung durchkommt,
doch der proletarische Klassenkampf in den Strassen wird versuchen, sie
zu stoppen, und es wird nicht vergeblich sein. Der Kampf ist der Weg
und es ist im Kampf, wo wir lernen, besonders während Schlägen und
Niederlagen, damit wir sie in künftigen Schlachten zu unseren Gunsten
nützen können.

Die Tatsache, dass es morgen zu mehr sozialen Protesten in diesem im
letzten Jahrzehnt „schlafenden“ Land kommen wird, ist keine geringe
Leistung. Im Gegenteil, getrieben von starken und vorbildlichen
Protesten der letzten Wochen in Bolívar und Carchi, könnten morgen die
Oktobertage 2019 für Ecuador beginnen. Der Protest wird wachsen und es
könnte zu gewissen Sprüngen kommen. Einige soziale Organisationen haben
schon erklärt, dass am 3. Oktober der „Nationalstreik“ beginnen wird.
Und es gab schon einige Proteste überall im Land. Schauen wir was morgen
geschehen wird, wenn es wieder heiss werden wird auf den Strassen…

Ja, wir müssen rausgehen und protestieren, doch wir müssen uns
darüber im Klaren sein, dass das nur der Beginn ist und dass wir es
wagen müssen, darüber hinauszugehen. Wir müssen uns letztendlich darüber
im Klaren sein, dass die Reichen und Mächtigen nicht für die Krise
bezahlen werden; dass das nicht nur ein nationales oder „neoliberales‟
Problem, sondern eher ein globales und kapitalistisches ist; dass all
das nie definitiv beseitigt sein wird, ausser wir beseitigen den
Kapitalismus, der weiterhin angreifen und unsere Leben mit mehr Krisen
und Sparmassnahmen verschlechtern wird; dass wir immer noch weit
entfernt von einem neuen Zyklus (internationaler und lokaler)
proletarischer Kämpfe sind, welche die Wechselbeziehung zwischen
gesellschaftlichen Kräften verändern und dem kapitalistischen System
eine Situation der revolutionären Krise auferlegen werden; doch
gleichzeitig beginnt es mit dem Kampf zur Verteidigung unserer
Bedürfnisse gegen die Ausbeutung des Kapitals und seine Akkumulation.
Komme was wolle in Bezug auf Kämpfe, Organisation und Bewusstsein, die
kommenden Proteste werden viele Lehren und für die Arbeiterklasse
entzündete Feuer in dieser „Hälfte der Welt‟ hinterlassen. Es wurde
Zeit. Schauen wir, was morgen in den Strassen geschieht.

Ein angepisster Proletarier aus der Region Ecuador

taken from here

Der Beitrag Ecuador: Kurze Analyse des paquetazo und der kommenden Proteste erschien zuerst auf non.copyriot.com.


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