Die Grundlage dieses Schreibens bildet die Überzeugung, dass Theorien nicht durch die Akkumulation von objektiven Wissenssätzen sondern auch durch eine (Selbst-)Veränderung des Subjekts gewonnen werden. Damit steht dieser Text auf einer methodischen Ebene in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis zur herrschenden Wissensproduktion, wie sie in den hiesigen Philosophie- und Sozialwissenschafts-Fakultäten geschieht und gelehrt wird. Der Erkenntnisprozess, so meine Überzeugung, ist (dialektisch) gebunden an den sozial-historischen Standpunkt des (Erkenntnis-)Subjekts und dessen praktisches Klasseninteresse, und kein freischwebender Zeitvertreib eines transzendentalen Subjekts. Ich möchte – ausgehend von eigenen Depressionserfahrungen als (prospektiv) lohnabhängige Person – auf einer theoretischen Ebene nach dem Zusammenhang von neoliberalen Spätkapitalismus und Depressionen fragen, um auf einer praktisch-politischen Ebene einige Überlegungen zu einer „Ethik“ von linken Student*innen in and against the state der Wissensproduktionsbedingungen zu diskutieren. Ich werde dafür zunächst die Methode/Fragestellung in Abgrenzung zur analytischen Philosophie (bei)spielhaft explizieren (I). Mein These lautet – vor dem Hintergrund der sozialwissenschaftlichen Forschung
von Boltanski/Chiapello und Ehrenberg – dann in ihrer einfachsten Form, dass die neoliberale Selbstoptimierung die* depressive* Person/Student*in1 mit hervorbringt, und diese Subjektivierung vor dem Hintergrund gesamtgesellschaftlichen Produktionsbedingungen geschieht(II). Mein „politischer“ Vorschlag (III) wäre sehr bescheiden und banal: „Solidarität statt Selbstoptimierung!“, und wird versuchen eher fragend einen Diskussionsraum zu öffnen als ein Programm vorzuschlagen.
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Foto: Bernhard Weber
Der Beitrag Depressionen und studentisches Klassenbewusstsein. Gedanken zum Stand des Subjekts an der Hochschule erschien zuerst auf non.copyriot.com.