Quantcast
Channel: non.copyriot.com
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3108

Faschismus und rechter Populismus

$
0
0

Im
klassischen
Faschismus gewann
eine
dem Staat zunächst äußerliche und streng hierarchisch gegliederte
Organisation durch legale Machtübernahme die Dominanz über die
Staatsapparate,
um dann mit diesen
in spezifischer
Weise zu
verschmelzen, womit
das in die Krise geratene kapitalistische System beibehalten und auf
einer neuen Ebene gewaltsam abgesichert werden
konnte.
Am Anfang eines
Faschisierungsprozesses
steht die faschistische Partei also noch außerhalb der
Staatsapparate, die sie später übernehmen
und schrittweise verändern
will,
wobei vor allem der umstrukturierte repressive Apparat
in der zweiten Phase der Machtintegration die faschistische Partei
sogar dominieren kann, und zwar über die Mechanismen der politischen
Polizei, die jetzt in ihrer Bedeutung vor der Verwaltung und
Armee
anzusiedeln ist. (Poulantzas 1973: 356)

Von
Poulantzas als eine spezifische Form des Ausnahmestaates bezeichnet
(weitere Formen sind für ihn die Militärdiktatur und der
Bonapartismus), kommt es im Faschismus zu einer Reorganisation des
staatlichen Systems und zu Verlagerungen und Machtverschiebungen
innerhalb seiner repressiven, ideologischen und ökonomischen
Apparate, wobei der repressive Apparat dominant wird, aber auch
drastische Veränderungen in den anderen Apparaten stattfinden, wenn
beispielsweise die politische Polizei immer stärker auch
ideologische Aufgaben übernimmt. (Ebd.: 342) Das juristische System
garantiert im Faschismus weiterhin die Produktions- und
Eigentumsverhältnisse, übernimmt aber darüber hinaus die
unmittelbare politische Funktion der Kontrolle und des Eingriffs in
die Klassenkämpfe. Das Recht regelt nicht mehr zuverlässig die
Exekution der Macht durch die staatlichen Apparate und den Zugang zu
diesen Apparaten und ihre Relationen zueinander, vielmehr herrscht
Rechtswillkür, mit der auch die Präjudierzierbarkeit der eigenen
Transformationsregeln für das juristische System selbst ausfällt.

Dabei
wird die Kriegsmaschine in den Staat als ein performatives
Organisationsprinzip eingepflanzt und
entwickelt dann durch einen
Prozess der Flucht und der Steigerungen im
Staat eine
suizidale Tendenz, währenddessen die politische Polizei zur
Praktizierung des Terrors gegen die Bevölkerung
bzw.
gegen
deren widerständige und oppositionelle Teile übergeht, wofür die
faschistische Massenpartei große Bevölkerungsteile aber auch
mobilisieren können
muss
(wünschen sich die Massen den Faschismus?). Die hysterisch
agierende faschistische Massenpartei, die eine besondere Funktion
nicht nur in den repressiven, sondern auch in den ideologischen
Staatsapparaten einnimmt, betreibt die permanente Mobilisierung der
Volksmassen, während gleichzeitig die schärfste Form der sozialen
Exklusion und der Lagerhaltung stattfindet. Im
Zentrum des deutschen Faschismus stand
ab
einem gewissen Zeitpunkt die
Vernichtung der Juden als zu spezifizierende Rasse sowie der
bolschewistischen
Produzenten.
Propagandistisch
bringt der Faschismus gegenüber dem Liberalismus die Konzeptionen
der Volksgemeinschaft, des Rassismus und des Nationalismus ins Spiel
und lässt sie hysterisch zirkulieren, gerade um auch bei der
Bevölkerung die Einfühlung in das Vernichtungspotenzial des Staates
zu sensibilisieren und zu verstärken. Der Faschismus markiert somit
den Übergang vom scheinbaren Frieden zum offenen Krieg, womit auch
der Staat Teil einer Kriegsmaschine wird, die er ab einem bestimmten
Zeitpunkt selbst losgelassen hat. Diese Art der faschistischen
Kriegsmaschine, die auf Vernichtung von
Bevölkerungen abzielt, geht also
aus
dem Staat selbst hervor.

Gleichzeitig
werden die Massen permanent mobilisiert und
als Nation konstituiert, ein spezifischer Prozess, den George Mosse
in seinem Buch Ein
Volk, ein Reich, ein Führer

ausführlich beschrieben hat. Für Mosse ist der Nationalsozialismus
lediglich der Grenzfall der Demokratie, indem er die Indoktrination
homogener kollektiver Vorstellungen, die in Demokratien immer zu
beobachten ist, in das Extrem hinein treibt.
(Mosse 1979: 15ff.) Die Predigt der Macht ist hier dem
Irrationalismus einer faschistischen Massenpolitik verwandt, die eine
Einheit des Volkes, die erst nur auf dem Papier besteht, realisiert
und gewissermaßen fühlbar und erlebbar macht. So wird der
allgemeine Wille des Staates Tag für Tag als eine kollektive Emotion
vorgeführt. Die Nazis haben den Prozess der Konstruktion der
Emotionalisierung der Einheit auf ein ganzes Volk ausgedehnt und bis
zum Äußersten der Vernichtung vorangetrieben, was ihren eigenen
Suizid letztlich
einschloss.
Dabei übersetzt der Faschismus die kollektiven Psychologien in
äußere Manifestationen, Monumente und Kanalisationssysteme, in die
die Massen hineinfließen und in denen ihre Äußerungen und Wünsche
kollektiv zirkulieren können, Wünsche, die auch die Übertretung
des Verbots einschließen, die wiederum mit vielen geteilt werden
wollen
und in monumentalen Repräsentationen kulminieren.
Es findet eine rasante Steigerung von medialen Tendenzen statt, die
in bestimmten demokratischen Verfahren und Zeremonien aber auch
anzutreffen sind.1
Die Nation gerinnt jetzt zur imaginären Inkarnation des Volkes, es
handelt sich um eine spezifische nationale Selbstrepräsentation, die
auf dem beruht, was das Volk vereinen
soll:
Sprache, Geschichte, Heimat, Blut usw.2

Kommen
wir kurz zur gegenwärtigen Lage in Deutschland. Die rechte
Alternative
für Deutschland

(AfD)
dominierte in weiten Zügen bereits
den
letzten Bundestagswahlkampf,
indem es ihr in der Öffentlichkeit gelang, den sozialen Antagonismus
zwischen Arm
und Reich
durch die Propaganda »Deutsche versus Ausländer« zu ersetzen, und
alle großen Parteien haben ihre Politik dann
mehr
oder weniger an
den Einwürfen der AfD ausgerichtet. Mit einem
unermüdlichen
Warnen vor der AfD zeigt wiederum der aufgeklärte Flügel der
deutschen
Mittelklasse vor
allem eines, dass man nämlich wild entschlossen ist, weiterzumachen
wie bisher, in seinem kleinen Land zusammenzurücken und beide Augen
vor der Welt da draußen zu verschließen,
außer diese als billiges Urlaubsparadies wahrzunehmen
und
als Müllhalde für die eigenen Waren zu benutzen. Und
des
Weiteren schließlich
in sozialer Amnesie, jede Institution als selbstverständlich
hinzunehmen und dabei
alles, was stört, und
sei
es auch einmal die AfD, lediglich als Anlass der
eigenen seelischen
Verdauungsstörungen zu begreifen. Denn
die Zuschreibung
des Rassismus allein an die AfD verdeckt den systemischen
Rassismus
und
den allgemeinen der
Mehrheit. Es gilt nämlich inzwischen fast
schon als
Gemeingut, dass man einen
Flüchtling,
um ihn zu beherrschen, entweder
integrieren
oder zum potenziell Kriminellen stempeln
muss, zum
dann
rassistisch verachteten Beherrschten. Integration heißt dann für
den Flüchtling wiederum, den Deutschen nachzuäffen. Darin besteht
die bis heute verkannte Idee der deutschen Bildung: Einen Affen zu
erziehen. Und
man darf
man nicht vergessen, dass die Rechtspopulisten von der AfD bis zur
CSU dem in der sozialen Hierarchie ganz unten stehenden Teil der
Bevölkerung ein Angebot gemacht haben, das
darauf basiert, dass man
dessen
soziale Unzufriedenheit mit
der Bedrohung des deutschen Wohlstands durch
die Flüchtlinge erklärt.
Als
beleidigte Deutsche
dürfen sich dann
auch die
sozial Schwachen stark
fühlen und fordern,
dass die Geldsummen,
die
der
Staat
für die Kontrolle der
Flüchtlinge ausgibt,
einzuschränken
sind,
da die Flüchtlinge ja
alles
bekommen
und
die Einheimischen nichts und so weiter und
so fort.
In
der Ablehnung
gegen alles Fremde schließen sich
die verschiedenen Klassen und Schichten eng
zusammen,
wendet das Klassensystem seine Antagonismen und
die Härte
seiner
Konkurrenz ganz
nach
außen.

Die
neuen neofaschistischen Bewegungen versuchen, die kapitalistische
Ökonomie der Logik des Bürgerkrieges unterzuordnen (ohne allerdings
die Ökonomie in ihren Spielregeln auch nur ansatzweise anzutasten),
vor allem, wenn es heute so
erscheint,
dass Teile der Mittelklassen diversen neoliberalen Postulaten, die
eine Bereicherung des Selbst, den eigenverantwortlichen Unternehmer
und die kulturelle Singularität einfordern, aufgrund ihrer
ökonomischen Prekarisierung nicht
mehr
folgen können. Das neoliberale Projekt hat in seiner Boomphase den
Individualismus ohne Individuum und
den harten Wettbewerb propagiert und muss nun bei drohendem Abstieg
der Mittelklassen deren
Ressentiments füttern und damit eben auch identitäre Politiken,
Fremdenfeindlichkeit und die Paranoia befördern. Das Konglomerat
neoliberaler
Governancepraktiken hat
die postfaschistischen Bewegungen zunächst einfach nur übernommen,
um daraufhin ein Set von Dispositiven, die den zivilen Bürgerkriegs
intensivieren, neu zu konfigurieren.

Das
rassistische Phantasma, das stets Teil des Staatsrassismus ist, der
den Fremden ausschließt und Leben und Sterben der Bevölkerung
überwacht und reguliert, hat im Moment eine nicht unbeabsichtigte
geringfügige Modifizierung angenommen. Gemäß den allgemeinen
Spielregeln des Neoliberalismus beobachten wir auch hier eine
Fortentwicklung vom Sicherheitsdispositiv hin zum Risikodispositiv.
Der rassistisch konnotierte Migrations-Diskurs stellt die
einheimische Bevölkerung zunächst als einen integralen, einen
quasi-organischen Körper vor, der durch klare Grenzen gegenüber der
Außenwelt charakterisiert ist und gegen die Horden und Nomaden aus
dem Süden verteidigt werden muss, welche die Homogenität des
gesunden Volkskörpers bedrohen. Und dies schließt heute, mit der
Veränderung vom Rassismus der Rasselehren zum Rassismus der
Nützlichkeitserwägungen und in der Erweiterung vom Sicherheits- zum
Risikodispositiv, die strikte Unterscheidung zwischen erwünschten
und qualifizierten ausländischen Fachkräften, an denen es in
Deutschland in einigen Sektoren mangelt, und dem unerwünschten
Flüchtling ein, der für die Masse der unbrauchbaren Menschen aus
dem globalen Süden steht.

Es
ist nicht die Dynamik der Biomacht, welche den Rassismus
determiniert, sondern dieser insistiert unter der Notwendigkeit, die
Klassenteilung innerhalb der Bevölkerung zu intensivieren. Die
Bevölkerung kann sich nicht reproduzieren, ohne geteilt zu sein,
womit sie auch unter biopolitischen Gesichtspunkten von vornherein
durch die Strategien des Kapitals differenziert wird, dessen
Klassenkampf damit je schon eine rassistische Komponente besitzt.

Das
biopolitische Konzept dieser Postfaschismen besteht in der direkten
Einpflanzung des Postulats
des
»Rassenkrieges«
in die Klassenkonflikte. Es verwundert deshalb nicht, dass die
wichtigen Operationen der rechtspopulistischen und neofaschistischen
Politiken, die sich im realen Milieu des Krieges der
und gegen die Bevölkerungen bewegen, als ihre Feinde vor allem die
tief kolonisierten Bevölkerungsanteile wie Migranten, Flüchtlinge
und Muslime bestimmen. Die
in diesem Kontext widerständigen Subjekte, die heute per
se politisch
sind, da sie quasi als eine homogene Gruppe in den globalen Weltmarkt
integriert werden,
wo man sie total enteignet und entrechtet hat,
und
sie damit die Wahrheit der heutigen ökonomischen und politischen
Welt-Situation ausdrücken, sind die Migranten und Flüchtlinge, die
während der Flucht meistens ihr (nacktes) Leben riskieren.3

So
hat der grenzüberschreitende freie
Fluss
von Waren, Dienstleistungen und Kapital grundsätzlich Vorrang
gegenüber der Mobilität von Menschen, wobei hochqualifizierte
ausländische Arbeitskräfte
aus
dem Süden durchaus auch
in
die Ökonomien der Metropolen
integriert
werden sollen,
aber
nur den Eigentümern und
Managern des
großen Kapitals sowie
den politischen und kulturellen Eliten ist eine
relativ freie
Beweglichkeit auf dem ganzen
Globus
garantiert. Ein großer Teil der Menschheit sitzt heute in mehr oder
weniger lagerartigen Zuständen und Behausungen einfach fest.

Man
muss es sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, es
verschwanden
auf globaler Ebenenach
der Finanzkrise von 2008 Vermögenswerte
in Höhe von circa 40 Billionen US-Dollar im Nichts,
allein
in den USA lösten sich 14 Billionen US-Dollar an Vermögen privater
Haushalte in Luft auf. Schon lange zuvor hatten sich die in US-Dollar
denominierten Geldkapital- und Finanzströme, die seit den 1970er
Jahren unter anderem aufgrund des US-Handelsdefizits ständig
gewachsen waren, von den globalen Handelsvolumen gelöst. Gerade die
europäischen Großbanken hatten seit den 2000er Jahren in
gigantischen Summen in US-Dollar notierte Wertpapiere und Derivate
gekauft, die, wie sich in der Krise dann herausstellte, zum teil
toxisch waren, sodass sich eine gigantische Deckungslücke bei der
Dollarfinanzierung der europäischen Banken auftat. Als der Markt im
Jahr 2008 einbrach, betrugen beispielsweise die Außenstände der
deutschen Banken bei der Wall Street mehr als 1.000 Milliarden
US-Dollar. Man hatte also in großem Stil US-Derivate mit von der
Wall Street geliehenen Dollars gekauft, die nun von dieser
zurückverlangt wurden. Es brach Panik unter den Banken aus, worauf
die Regierungen Billionen in das Finanzsystem pumpen und
Teilverstaatlichungen
von Banken, Versicherungen und anderen Unternehmen vornehmen mussten.
Das belastete die Haushaltskassen der USA und der Staaten in
Europa so
schwer,
dass

eine verschärfte Austeritätspolitik die logische Folge war,
wobei die Regierungen die Verluste des Kapitals und des Finanzsystems
zu den lohnabhängigen Arbeitern und Angestellten, Teilen der
verschuldeten Mittelschicht, zu den Arbeitslosen und den ganz
Abgehängten transferierten.
In Europa wurden die Länder gegeneinander aufgehetzt, das heißt,
die vom finanziellen Kapital ausgehende Krisenproblematik wurde in
einen Konflikt zwischen arbeitsscheuen Südländern und hart
arbeitenden Nordeuropäern umgedeutet. Wahlweise
waren es auch
der
angeblich aufgeblähte Wohlfahrtsstaat in Deutschland, Italien oder
Griechenland, zu hohe Löhne, zu starre Arbeitsmärkte oder gar die
Gewerkschaften, die für die Krise verantwortlich gewesen
sein sollten.
Hinzu kommt, da die staatlichen Bailouts bei größeren Teilen der
Bevölkerung unpopulär sind, dass
Finanzkrisen
oft mit moralischem Versagen nicht nur der Banker, sondern auch der
Politiker in Verbindung gebracht werden und die Beziehungen
zwischen Gläubiger und Schuldner leicht personifiziert werden
können.
All dies stärkt rechte Bewegungen. Es ist leicht zu sehen, dass in
den USA und in Europa ideologische Versatzstücke, die sich aus
Nationalismus, Rassismus und neoliberalem Abfall
zusammensetzen,
nach der Finanzkrise an Gewicht und Fahrt gewinnen konnten. Die
rechtspopulistischen Bewegungen mussten an diese Art von »Diskursen«
nur noch anknüpfen,
um mit ihren Paranoia-Inszenierungen und Ausrottungsfantasien
gerade auch in den sozialen Netzwerken Teile der Bevölkerung zu
beflügeln und dann
endlich auch
selbst
tätig zu werden und mit Brandsätzen und Stahlkugeln die
Lagerunterkünfte der Flüchtlinge zu attackieren. Die nationalen
Präferenzen, die heute
inszeniert werden, wie
etwa
der
Brexit,
können nicht Teil des reibungslosen Funktionierens der Politik
des Staates werden, ohne dass ständig die Furcht vor Migranten,
Flüchtlingen und Muslimen konstruiert, verbreitet und mobilisiert
und damit in den Dienst der Kontrolle der Mobilität von solchen
Bevölkerungsteilen gestellt
wird,
die vom Süden des Globus abwandern
müssen, um überhaupt zu überleben. Der Gegensatz zwischen den
kompletten Freiheiten der Waren-, Geld- und Kapitalströme einerseits
und der fehlenden Mobilität großer Teile der Weltbevölkerung
andererseits muss über spezifische Formen der Regulierung befriedet
werden, die von den Staatsapparaten materialisiert und von den
populistischen neofaschistischen Bewegungen ideologisch bearbeitet
werden.

Als
im
Jahr 2008 das Management de
r
Finanzkrise
in
den kapitalistischen
Kernländern,
das
insbesondere
In Europa
im
Transfer der Schulden der privaten Banken hin zu den Steuerzahlen
bestand
,4in
der Öffentlichkeit akzeptiert
wurde, war es klar, dass sowohl
die
transnationale Kriegsmaschine des
Kapitals als
auch
die Staaten eine
neue Welle der internen und externen Kolonialisierung bestimmter
Bevölkerungsgruppen in Gang setzen mussten,
um einerseits durch eine
verschärfte
Austeritätspolitik die staatliche
Verschuldung
aufzufangen und anderseits einen Feind zu finden, der für die Misere
verantwortlich gemacht werden konnte5

Der
Abbau
des Sozialstaates und die Stagnation der Reallöhne führten
dazu, dass die privaten Haushalte weiter in die Schuldenökonomie
integriert wurden und auf ihre Einkommen in finanzieller Hinsicht
»spekulieren« mussten.6
Und Schulden müssen als Machtapparate verstanden werden, die
besonders auch
die
Frauen, die Schwarzen und Armen betreffen. Rassistische
Politiken, insbesondere die institutionalisierten Rassismen, waren
von Anfang an Teil der
Austeritätspolitik.
Nach der Krise von 2008 wurde der Rassismus und der Nationalismus
also
endgültig
auf
die Höhe der
Staatsmacht
gehoben.

1
Deleuze
und Guattari haben die Demokratie in all ihren Formen und
Konstellationen scharf kritisiert und nennen sie den Cousin des
Totalitarismus.

2Der
Staat kann die Wahrnehmungskategorien innerhalb der Grenzen seines
Territoriums dadurch universalisieren, dass er eine Bevölkerung
konstituiert, deren Mitglieder die gleichen Wahrnehmungskategorien
besitzen, nachdem sie spezifische Konditionierungen und Einimpfungen
von Prozeduren, die man Bildung nennt, durchlaufen und erlitten
haben. Dies betrifft insbesondere die Konstruktion des Bürgers: In
der liberalen Staatsauffassung ist der Bürger jeder, der von einer
Verfassung als solcher anerkannt wird, er muss dafür keine
besonderen Eigenschaften mitbringen, die etwa mit dem Blut oder der
Herkunft verbunden sind, wie es später der völkische Rassismus
annimmt. Der Staat etabliert den Bürger als ein formell freies und
gleiches Subjekt, das mit seiner Atomisierung identisch ist, und
repräsentiert zugleich die Einheit, die in formell
gleichberechtigte Monaden unterteilt ist. So zeigt sich seine
politische Souveränität an. Hingegen setzt der Faschismus die
Nation vor den Staatsbürger, um diesen letztendlich zu liquidieren.
Der Nationalcharakter, der keineswegs mit der Staatsbürgerschaft
gleichzusetzen ist, der
aber
in Deutschland immer
wieder
mit
dieser vermischt wird,
um
schließlich sogar die Nation gegenüber dem allgemeinen
Staatsbürger zu bevorzugen, ist das Ergebnis von bestimmten
Disziplinierungen und Einimpfungsprozeduren,
die allesamt auf einen sublimierten Rassismus hinauslaufen.

Im
Gegensatz zum Nationalcharakter ist der Bürger eine rein juridische
Einheit, die existiert, insofern der Bürger in ein Verhältnis von
Rechten und Pflichten zum Staat gesetzt ist, wohingegen es die
Nation in der deutschen konservativen Staatslehre als eine
ethnokulturelle Einheit gilt, die zwar gesetzlich definiert und vom
Staat territorialisiert werden kann, aber doch deutlich von der
Staatsbürgerschaft unterschieden ist. Letztendlich ist es aber der
kapitalistische Staat, der die Nation mit seinen konstitutiven
Elementen (einheitlicher ökonomischer Markt, Territorium und
Sprache) hervorbringt, indem er gezielt in die materiellen Raum- und
Zeitmatrizes interveniert, die Bestandteil der kapitalistischen
Ökonomie und der Produktionsverhältnisse werden sollen.

3Das
Proletariat ist je schon ein objektiv
migrantisches
Proletariat, denn zu jedem Zeitpunkt kann der im
Lohnarbeitsverhältnis stehende Arbeiter entlassen werden, um sich
gemäß den Anforderungen der Kapitalakkumulation woanders
niederlassen zu müssen. Diese Mobilität des Proletariats, wenn sie
auch räumlich begrenzt bleibt, ist eine Bedingung der modernen
Industrie. Und ohne die Migration des globalen Proletariats hin zu
neuen Märkten, vom Land zur Stadt, von der Stadt zur Stadt, von
Land zu Land, ist
die kapitalistische Akkumulation nicht möglich. Als der am
weitesten deterritorialisierte Teil des Proletariats besitzt heute
die globale Surplus-Bevölkerung, obgleich sie räumlich festgesetzt
wird, das größte Potenzial für eine revolutionäre
Transformation. Dies ist so, weil sie im Sinne von Deleuze und
Guattari
als eine Minderheit fungiert, die nichts weiter als eine
proletarisierte Masse ist, aber als Masse sofort mit den
institutionellen, polizeilichen und juristischen Strukturen der
Nationalstaaten konfrontiert wird. Dabei
muss der schmittschen
Konstruktion der Migrationspolitiken unbedingt Einhalt geboten
werden: Der Nomadismus ist für ihn immer nur eine zeitweilige
Erscheinung der Migration, sodass sie unweigerlich zur Quelle einer
neuen territorialen Ordnung, die sich zwischen Imperialismen oder
Staaten abspielt, werden muss; sie findet ihr historisches Schicksal
darin, Teil dieser Formationen zu werden, und wenn von ihr bestimmte
Bedingungen verweigert werden, dann kommt es schnell zu Gewaltakten,
die sie zerstören.

4Die
staatlichen Interventionen zur Rettung des Finanzsystems erstreckten
sich auf die Kreditvergabe an private Banken und an auf ihre
Rekapitalisierung, auf den Kauf von Bankaktiva und staatliche
Garantien für Bankeinlagen oder gar für Bankbilanzen. Insgesamt
wurden von beteiligten Institutionen, Zentralbanken,
Bankenaufsichten und Finanzministerien dafür über sieben Billionen
Dollar zur Verfügung gestellt. Diese Intensität der Maßnahmen
waren für die jeweiligen Volkswirtschaften davon abhängig, in
welchem Grad der Vernetzung ein Land sich mit dem globalen
finanziellen Kapital befand, von
der Höhe der verfügbaren
öffentlichen Gelder, den
Exekutivpolitiken und der Macht der einheimischen Konzerne und
Banken. In den USA wurden
durch die Rettungsmaßnahmen des US-Finanzministeriums die
Steuerzahler weniger als in Europa belastet.

5Diese
Verschärfungen gründen auf den Vorspielen der Exklusion, hat doch
der Arbeitslose unter dem
Diktat der Jobcenter auf
demjenigen Markt nichts zu schaffen, auf dem es in
den großen Unternehmen eine
einigermaßen abgesicherte Kernbelegschaft, das zum Teil
selbständige Prekariat und die staatlich subventionierten
abhängig Beschäftigten gibt. Der überflüssige Rest wird als
ALG-II-Empfänger
in die Zwangsarbeit verwiesen, in
der die Arbeit selbst das geringfügige Einkommen ist,
da ein von der Arbeit unabhängiges Grundeinkommen weiterhin
abgelehnt wird.

6Bezüglich der Austeritätspolitik gilt es zu wiederholen, dass diese nicht ausschließlich die Kürzung der Leistungen des Sozialstaats betrifft, sondern eine langfristige Umstrukturierung des Staates erfordert, welche die Expansion der Finanzialisierung in die Bereiche der sozialen Reproduktion hinein sowie die Integration der Bevölkerung in das Finanzsystem befördert. Austerität beinhaltet eine langfristige politische Strategie, durch welche sowohl die Ökonomie der Schulden, in die via Kredit selbst noch die kleinen Einkommen eingespeist werden, als auch die spekulativen Operationen mit dem Geld (Verbriefung von Konsumentenkrediten) ausgebaut werden. Insbesondere die Stagnation der Reallöhne treibt die Haushalte in die Schuldenökonomie hinein, innerhalb derer sie nun fatalerweise auf ihre reduzierten kleinen Einkommen spekulieren müssen.

check also here

order here

Der Beitrag Faschismus und rechter Populismus erschien zuerst auf non.copyriot.com.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3108